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Sascha Kösch und Paul Paulun Im Gespräch mit Terre Thaemlitz
 
- Sascha Kösch und Paul Paulun


In Buzz Electronische Lebensaspecte (currently DeBug), Issue 1, July, 1997.

 
>>? Wo trittst du in New York auf?

>>! Normalerweise mache ich nur Dinge im Studio. Wenn man hier an performen denkt, dann an das was die "Illbient" Szene drunter versteht, alles sehr nah an der Kunst. Ich glaube hier in Berlin gibt es vielleicht eine andere Beziehung zur Kunst, aber in den Staaten hat sie seit langem jede Idee des Politischen aufgegeben und löst alles in dem ultramodernistischen oder avantgardistischen Brei auf, gegen den ich bin. Wenn mich jemand einlädt, dann mache ich es, aber in New York hat man das Problem, daß die Leute einem nicht zuhören. Sie packen einen auch einfach auf einen Flyer ohne mit dir zu sprechen. Performance ist mir nicht wichtig. Ich mache ja auch keine Real-Time Musik.


>>? Das war allerdings nicht das, was du hier gemacht hast.

>>! Nein, das war auch mein erstes Spektakel des Anti-Spektakels. Oder zumindest sollte es so etwas werden. Meine erste offizielle große Performance.


>>? Performance könnte ja auch DJen heissen.

>>! Das mache ich dann meist auch. So habe ich auch angefangen, in transsexuellen Sexclubs, aber das war meist House. Und ich habe immer meine Jobs verloren.


>>? Den Award, den du mal bekommen hast, der war auch für Housemusik, nichts experimentelles?

>>! Diesen Grammy, ja, das war wirklich nicht experimentell. Ich hatte es abgelehnt Madonna, Lisa Stansfield und solche Sachen zu spielen, und die Drag-Szene liebt es Lip-sync zu Madonna zu machen und ähnliche Scheisse, also musste ich Probleme bekommen. Es war allerding seltsam, weil ich in der einen Woche einen Preis bekam, und in der nächsten gefeuert wurde. Ein Standard. Aber DJen war mein Stil damals, und vieles davon führte auch zu den Kompositionsstrategien auf Tranquilizer. Mittlerweile interessieren mich allerdings Softwarestrategien mehr.


>>? Kommst du nicht auch von einem Kunst-Background?

>>! Ja, ich habe in New York studiert. Aber im zweiten Jahr war ich vollkommen pissed, weil die Museen und Gallerien so exclusiv sind, und das eine politisch absolut regressive Szene ist, so daß ich in den letzten beiden Jahren nur noch Kultur, Politik und Cultural Studies gemacht habe. Als ich in Clubs anfing, dachte ich mir, daß das wenigstens etwas sozialer wäre, nicht so elitär, aber natürlich musste ich dann wieder in dieser Art von Hyperelitisten-Musik landen. Mist.


>>? Ist vielleicht G.R.R.L., deine letzte CD auf Comatonse, auch ein Versuch da raus zu kommen?

>>! Ja, etwas. Ein Teil davon soll zeigen daß ich mich nicht zu ernst nehme, speziell weil die Projekte unter meinem Namen, Die Roboter Rubato, Couture Cosmetique und Means From An End alle versuchen mehr Text zu integrieren, mehr Theorie. In den Staaten gibt es allerdings wenig Raum für materialistische oder politische Hörprozesse, weil es so aussieht als würde jeder diesen humanistischen Bullshit glauben, daß Musik etwas universelles und unvermittelbares ist.


>>? Wo genau würdest du Leuten wie Spooky entgegenstehen?

>>! Spooky ist ja so ziemlich eins mit der Illbient Szene. Und du fragst was meine Beziehung zu deren Ideologie ist? Im Grunde scheinen sie zu versuchen alles, was an postmoderner 80er Theoriekritik an der Kunst gelaufen ist, zu ignorieren. Und sind wieder in dem Stadium, wo Leute Sound als den Punkt ansehen, in dem Inhalte generiert werden. Diese Idee, daß DJs völlig neue Inhalte schaffen, und die Klangquellen jede Art von Referenzialität verlieren. Da sehe ich eher das genaue Gegenteil.

Für mich dreht sich alles um Referentialität und Geschichte. Allein ihr Vorschlag eines Prozesses, der die Geschichte auslöscht indem er neue Inhalte kreiert. Dieser Gedanke eines Künstlers oder Performers als aussersozialer Beobachter, damit habe ich Probleme. Und dann fallen sie auch noch darauf zurück, daß sie über Unity sprechen, anstatt über Diversifizierung. Das ist wirklich so eine Art Meltingpot Konzept. Sie sagen oh, wir sind alle verschieden, aber wir sind alle die gleichen. Genauso wie sie behaupten all die verschiedenen Klangquellen zu nehmen, aber das, was sie daraus machen dieses eine Ding ist. Und indem sie genau das machen, diesen sehr homogenisierenden Prozess veranstalten, arbeiten sie absolut gegen das Konzept der Differenz, daß sie, so glaube ich zumindest, doch irgendwie promoten wollen.

Es ist einfach ein Wiederspruch, der gleiche wie in den 50ern. Ich denke deshalb sind sie auch so dicke mit der Kunstszene, weil das sehr gut zu den Ideen der Gallerien und Museen passt. Als das Whitney Museum seine Feier hatte, und Soundlab die Party dazu gemacht hat, da war es irgendwie so als würde man ein expressionistisches Gemälde an eine Museumswand hängen. Vollkommen konfuser Inhalt. Und sie scheinen es auch nicht als Kritik zu verkraften, weil sie darauf sehr arm reagieren. Ich glaube sie wissen einfach nicht wie man einen gewissen Grad an Selbstkritik aufrecht erhält.


>>? Das ist im Grunde ein wenig so wie hier in diesem Theater, das zur Zeit so viele elektronische Musiker präsentiert, die in jedem anderen Kontext vermutlich besser sein würden, und vor allem intensiver.

>>! Ich glaube deshalb mochte ich meine Performance gestern auch. Weil ich versucht habe Kritik zu verkörpern, daß meine Hauptbeziehung auf der Bühne zwischen mir und meinem Computer ist, und das Publikum eigentlich nicht wissen kann was Live ist, was Real-Time Manipulation, und was der Computer macht. Die Idee war, daß die Zuhörer sich dessen bewußt werden, daß der kreative Prozess ziemlich insulär ist in dieser Art von Umgebung, und das sich das in meiner Performance auch zeigt. Ich wollte daß der Computer meine Sicht begrenzt, und die Sicht von mir auch. Ich war ja vollkommen in Kleidern, aber das war schwer zu sehen. Ich hoffe zumindest.


>>? Was für eine Rolle spielt das Rausputzen für dich in diesem Kontext Musik?

>>! Kraftwerk dreht sich ja ständig um den Gedanken der Mensch-Maschine, sehr eng an einer modernistischen Ideologie, und der Versuch war, ein Paar der Begrenzungen des Kraftwerk Projekts aufzuzeigen, in der Art wie es tatsächlich so über-maskulin wirkt, daß es schon homoerotisch ist. Aber homoerotisch nicht notwendigerweise in einer machtgebenden Art, sondern eher so wie ein Fußballerteam homoerotisch wirken kann. Das sollte klar werden, und damit die Diskussion eines dominanten patriarchischen Kompositionskonzepts eröffnen.

Transgenderism in der Art und Weise wie ich mich dem nähere ist generell eher die Idee einer Rekonfiguration des menschlichen Körpers in einer Art, die die Wiedersprüche multipler Sexualitäten und Geschlechter und die politischen Wiedersprüche verkörpern kann, die alle zu einem Sinn von Identität beitragen. Transgenderism ist nicht einfach anzunehmen, daß man zur Frau wird oder so etwas, sondern es als der Wiederspruch eines Mannes in als feminin bestimmter Kleidung aufscheinen zu lassen und herauszufinden inwieweit das verschiedene Typen der Kritik der Patriarchie aufkommen lässt. Couture Cosmetique dreht sich mehr um die Beziehungen die ich zwischen elektroakustischer Musik und Transgenderism sehe.

Elektroakustische Musik in der Art wie ich sie mache, nimmt sich Samples wie Signifikate, und stellt sie in einen anderen ästhetischen Zusammenhang, so wie das Transgenderism mit Signifikaten des menschlichen Körpers macht, den die Gesellschaft, wir letztendlich, aufbaut als einen ach so natürlichen voller inhärenter Inhalte, und dann spielt es damit herum in dem es sie verdreht. Für mich gibt es da Ähnlichkeiten im Prozess. Ein Teil des Roboter Rubato Projekts, in der Art, in der das ja in die Falle von Diskussionen kommt, die die gleichen beschränkten Diskussionen bei Kraftwerk sind, die Avantgarde, ist da wiederum ähnlich. Alle die Dinge, die gegen das arbeiten was mich interessiert, sind ja auch Teil dieser Wiedersprüche meiner Identität, die ich aufzudecken versuche. Der Wiederspruch einfach nur eine weitere Performance zu sein zum Beispiel, daß es keine Möglichkeit gibt etwas zu präsentieren, das kein Spektakel ist, ausser ein Spektakel eines Antipektakels zu präsentieren. Wenn man als DJ auf der Bühne steht, oder generell DJ-Kultur, das wird so einfach eingenommen und in einen Kreislauf eingeschlossen, in dem es als Avantgarde funktionieren muss. Diese Art der Rhethorik kann man nicht transzendieren, dieses Implantieren der Ästhetizismen der Kunst, und wie das alles versucht Elitarismen und kulturelle Konzeptionen aufzuwerten durch etwas, dem ja nachgesagt wird es versuchte die Elitarismen der Kultur zu dekonstruieren. Dj-Kultur theoretisch.

Teil von Couture Cosmetique ist es auch eine stärkere Beziehung herzustellen zwischen dem politischen Konzept elektroakustischer Musik und einer nicht-essentialistischen, politischen Art von Transgenderism. Und zu zeigen, wie diese Diskurse in der Transgender Community eher durch den Diskurs eines Humanismus unterdrückt werden. Dieser ganze Blödsinn von Frauen die in Männerkörpern gefangen wären und ähnlicher ideologischer Scheiß. Mit elektroakustischer Musik landet man ja auch immer bei Leuten, die einem was von Sound als Sound erzählen wollen. Es ist schwierig an diesen Stellen zu sozialen Issues zu kommen, speziell mit soviel Gegenwehr gegen Theorie. Die Reviews meiner CD`s, der mit diesen Texten vor allem, und vor allem in Amerika scheinen das alle zu belegen. Jedes einzelne Review fing damit an, daß die CD`s mit diesem langen bescheuerten Text kommen, und bejammern, was denn daraus geworden sei Musik einfach nur so zu hören, und daß wir Musik doch alle nur genießen wollen und dieses ganze bla bla. Das ist genau der Punkt, den ich zu kritisieren versuche.


>>? Eine seltsame Art der Gerechtigkeit, daß hier alle über die wundervollen theoretischen Exkurse eines Spooky reden.

>>! Das ist auch so ein seltsames Ding, daß ich immer wieder mit dem Gedanken: "Oh, mehr Worte, das muß das gleiche Ding sein" mit ihm ihm zusammengesteckt werde. Die Leute wissen einfach nicht, was man will. Es gibt nicht genügend Gespräche über so etwas, und schon gar keine über die Verschiedenartigkeit von Musiktheorien. Spooky steht auf Theorie, Terre auch - dann muß es dieses Illbient Ding sein. Keine Unterschiede werden da gemacht. Punkt.


>>? Vermutlich ein weltweites Phänomen, daß wann immer Musik in Richtung Theorie driftet, die Theorie einfach die gleiche sein muß.

>>! Was ja alles nur dazu dient, die Theorie hinter Popmusik und anderen, die man vollkommen für einfach DA hält, zu verbergen. Weil es darum geht, das zu schützen, eine Art von Theorie zu schützen, die verneint daß sie irgendwelche sozialen Implikationen haben könnte, oder gar darin verwickelt wäre.


>>? Was sind deine Projekte zur Zeit?

>>! Ich arbeite an zwei Kooperationen. Eine mit Scanner, die sogar ganz gut wird. Und sich mit dem Thema von Musikproduktion als Masturbation beschäftigt. Ein Track ist über die sexuellen Obertöne zwischen zwei Menschen, die mit dieser masturbatorischen Produktion in zwei verschiedenen Ländern eine seltsame Art sexueller Beziehung haben. Und es wird eine Kollaboration mit jemandem aus Dartmouth geben, der dort Computermusik studiert, was dann eben auch mainly Computermusik wird, straight Darüber kann ich aber nicht viel sagen, ausser daß die gesamte 70er Jahre Computermusik aus Dartmouth kommt.


>>? Auf Soil gibt es ja auch eine Menge von Environmental Sounds. Stammen die von Dir? Das Mädchen was da auf Spanisch singt?

>>! Manche, aber das nicht. Das ist in 'Elevatorium' und aus dem Radio. Der Track sollte die Klänge meines Apartments durch Natursounds ersetzen. Die tiefen Bässe und die Jeeps, die so vorbeirasen. Und das ganze sollte mit dem Gedanken eines Aufzugs als Auditorium spielen Wie Muzak und Kontext unsere Art Musik zu verstehen verändert, dieser ganze Ambient-Theoriescheiss. Ihr wisst schon. Es sollte zeigen, wie mein Appartment mit meiner Produktionsweise interagiert.


>>? Worum dreht sich denn Means From An End?

>>! Na wie man schon an dem Cover mit dem DAT-Markennamen Marx und dem zu Hegel Scan veränderten Helical Scan sieht, dreht es sich um den Einwurf des Materialismus. Die erste Serie, Inelegant Implementations benutzt Jazz als etwas, das populistisch und Links konnotiert ist und Stimmsamples von linken politischen Reden, Popmedien und Radio, aus denen ich Filter gemacht habe. Die Entscheidung für ein Audiofile war die, daß es hörbar war. Ich habe die Jazzsamples durch die Filter geworfen, das zwanzig mal wiederholt um damit je 2 Minuten zu haben und somit eine ganze Serie. Der zweite Teil, Resistance To Change dreht sich um den Gedanken, daß man, um die Idee einer politischen Veränderung oder Restrukturierung einzuführen, die Leute über ihre Angst hinwegbringen muß, daß sie das Familäre verlieren. Es sollte ein Stück sein, das sowohl gefällig nostalgisch und auch politisch regressiv war, also habe ich Billy Joels "I Love You Just The Way You Are" genommen, als so eine Art antifeministische Hymne.


>>? Kannst du das singen?

>>! (Gesang)
Gut, du wirst es erkennen wenn du es hörst. Es beginnt mit einer Computerstimme, die ein bißchen Ideologie spricht, und dann kommt der Billy Joel Song in drei verschiedenen Stadien. Der erste, Resistance, nimmt sich einen Haufen von Müllsounds der Computersynthese, die man normalerweise wegwerfen würde, und benutzt das als eine Metapher für die grundsätzliche Verwerfung der Idee von Veränderungen. Dann gibt es die Resignation, wo man einfach geschehen läßt, und versucht die neue Ideologie in die eigene einzupassen, was durch sehr ausgefächerte, reiche volle Samples passieren soll. Am Ende ist es eine Wiederdarstellung des absolut erkennbaren Basismaterials, das allerdings so verändert wurde, daß es in einen neuen ästhetischen Überbau passt, eine andere Art darüber zu reden. Gefiltert, reeditiert und nicht mehr rhythmisch, aber vollkommener Wiedererkennungswert.

Die erste Zeile im Stück ist "Don`t go changing". Wenn man durch den Prozess einer politischen Veränderung geht, dann ist das Endresultat ja normalerweise höchstens zu einem Viertel so radikal anders als man zu Anfang dachte. Und dieser ganze Prozess der Resistance und der Resignation ist eigentlich Drama. Es führt zu etwas, was vollkommen unbegeisternd und absolut bekannt wirkt. Dann gibt es noch einen Track, der sich mit Paranoia befasst. Von der Art, wie ich sie in vielen Linksaktivistischen Zirkeln mitbekommen habe, in denen ich mich rumgetrieben habe Diese Gefühle der Entfremdung und der Paranoia um die sich da vieles dreht, und die einfach erschöpfend werden. Und dann gibt es noch Means From An End, das so etwas wie ein Anti-Illbient Statement ist. Ein Track der sagt, daß Rekontextualisierung immer Geschichte beinhaltet.

Es ist ja nicht so, daß die Musik dieses unglaublich politisierte Vehikel wäre, und ich hoffe das klingt auch bei mir nicht so. Allein die ganzen Faktoren der Distribution und der Prozesse der Gefälligkeiten würden schon dagegen sprechen. Oder die Beziehung, die Leute zum Kaufen oder Machen von Musik haben, was immer viel mit Consumerfetischismus zu tun hat, und dem Gedanken von Musik als einem Beitrag zum Konzept der Persönlichkeit. Was ich mache ist nicht gedacht als Musik, die in sich selbst ein politischer Akt wäre.


>>? Was ja auch eine direkte Übersetzung von Konzepten in Musik voraussetzen würde.

>>! Ja, also ist die Idee, das man innerhalb eines Rahmens von politischer Aktivität Formen von Komposition entwickeln kann, die direkter die Ideale der eigenen Bewegung reflektieren. Deshalb sind die Sachen die ich mache auch a-strukturelle Computersynthese. Und nicht so sehr durchtränkt von den Problemen diverser Formalismen. Aber die Medien verstehen es natürlich trotzdem so. Es ist schon irgendwie Musik als Accessoir.


>>? Welche Rolle spielt da der Text? Die Booklets? Webseiten?

>>! Ich denke Text funktioniert da ähnlich wie die Musik als Punkt der Identifikation. Wenn ich Platten kaufe wie die von Ultra Red,(Sie versuchen aus einem HIV-Aktivismus Background heraus so etwas wie eine schwule, politisierte Ambientszene aufzubauen. Und sie arbeiten gegen die sehr spirituelle Ambientszene in Californien). dann weiß ich daß ich eine politische Nähe zu ihnen habe, was im Grunde das gleiche ist, wie wenn ich eine Platte von Elton John kaufe und mir denke daß ich ihn liebe.

Allerdings ist eine Menge der Leute, die Musik von mir hören, absolut nicht involviert in die Art von Diskurs die ich führe, und es scheint da diesen unüberbrückbaren Spalt zu geben zwischen dem Text und der Wahrnehmung der Musik, was den Medien Probleme macht. Aber zugleich nutzt es auch die Art von Simultaenität und Widerspruch aus, die ich sowohl in der Musik wie auch in den Texten versuche klarzumachen. Es hat also eine Art illustrativer Funktion, die aber diese Spannungen verkörpert sich selbst nicht zu verkörpern.


>>? Was passiert mit Comatonse?

>>! Ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich wieder etwas dafür tun kann. Wie das G.R.R.L Projekt. Es ist seltsam, aber es scheint, als ob die Sachen die auf Comatonse kommen werden eher die beatorientierten Sachen sind, obwohl man das Gegenteil erwarten würde. Ich finde es schwierig Vertriebe für Sachen wie Means From An End zu finden. Also gebe ich so etwas lieber zu Labeln, von denen ich weiß daß sie eine Art von Publikum dafür haben. Es gab jetzt auf Comatonse 1993 ein Release, eins 95 und jetzt 97. Das ist sehr langsam und wird durch mein Taschengeld finanziert. Ich hoffe einfach das, was ich pressen lasse auch verkaufen zu können. Besonders für die Eric Dahl platte, die verdammt abstrakt und sehr schwierig zu verkaufen ist. Aber eine verdammt koole Platte. Er war der Typ der C-Sound für den Macintosh portiert hat. Ich werde das Label wohl mehr auf mich beschränken müssen, weil es einfach finanziell sehr begrenzt ist, und ich, da ich verdammt müde bin mich mit all diesen Leuten herumzuschlagen, die einem miese Verträge bieten, lieber mir selber keinen Vorschuß zahle als anderen Leuten.

G.R.R.L hätte niemals auf anderen Labeln erscheinen können, weil es zuviele verschiedene Genres hat. Die wollten alle den einen oder anderen Track zu einer 12" machen, aber daß das Ganze ein Konzept ist, daß es grade darum geht, daß es so ist, wollte keiner hören. Die Leute stehen so sehr auf Stile, und viele der Stile interessieren mich persölich eigentlich gar nicht, aber die Idee das Ganze so zu kombinieren, daß die Stile sich wiedersprechen, entsprach genau der Art, in der ich mit Stilen selbst in meinen eigenen Deals dealen muß.


>>? Was bedeutet G.R.R.L?

>>! G.R.R.L heißt so, weil es sofort etwas heißt. Man fragt sich sofort was es bedeuten soll. Und fragt sich dann, was es bedeuten soll ein girl oder ein boy zu sein.


>>? Keine Beziehung zur Riotgrrl Szene also?

>>! Nein, Grrl ist eine ziemlich gebräuchliche Schreibweise in der Underground Schwulenszene. Ich wusste auch nicht, daß es so stark als Riotgirl verstanden wird. Aber das ist auch kein Problem.


>>? Gibt es wirklich Wiedersprüche in diesen Stilen?

>>! Ja, vielleicht nur eine Simultanität? Die Art wie die verschiedenen Linien verschiedene Genre verbinden stammt von meinen eigenen Versuchen das zu programmieren, und dadurch herauszufinden welche gleichen Formeln wo benutzt wurden. Es ist vielleicht kein Wiederspruch zwischen den Stilen, aber auch keine Reduktion auf Genres. Der Punkt ist nicht zu sagen, daß sie alle gut zusammenpassen, in dieser großen pluralistischen elektronischen Kommune, weil das einfach die tatsächlichen Realitäten der Situationen überschreiben würde, die innerhalb dieser unglaublich zerteilten "Community" tatsächlich existiert. Eher etwas, das allumfassend tut, aber genau so gebrochen ist. Das Manifest zur CD dreht sich um Space Jam, dieser Film mit Bugs Bunny und Michael Jordon. Kennt ihr den?


>>? Ja, aber leider nie gesehen.

>>! Ich auch nicht, aber das ist unwichtig. Was wichtig ist, ist daß sie Millionen Dollar an Werbung dafür aufgewendet haben und es einfach floppt. Mal abgesehen vom Sekundärmarkt, den Spielen und so. Der Film floppt. Es war so ein überdeutliches Beispiel dafür wie Kapitalismus versucht ein Verlangen zu erzeugen. Die Nostalgie um Bugs Bunny, wie die Nostalgie all dieser Genres, und dieses Vermischen mit Technologie. Das G.R.R.Lifesto verlangt einfach, daß man die Marketing Firma von Space Jam verpflichtet, sich um alle kulturellen Prozesse zu kümmern, damit jeder jederzeit sehen kann was in der Gesellschaft wirklich los ist, und welche Machtstrukturen grade entwickelt werden. Ich hab dieses große Poster gesehen, das tönt: Musik inspiriert vom Film Space Jam. Und ich dachte mir nur: was für ein verdrehtes Konzept.

Das Interview führten Paul Paulun und Sascha Kösch